Hazal ist 17 Jahre alt, lebt im Wedding und will endlich eine Chance im Leben. Ein Ausbildungsplatz wäre ein erster Schritt, doch dass die Bildungsmaßnahme im Jobcenter dabei nicht hilft, ist längst klar. Nicht ihre Bewerbungen sind das Problem, sondern die Gesellschaft – die die ihre ist, aber keinen Platz für sie hat. Täglich wird sie mit Vorurteilen konfrontiert, ständig muss sie sich für ihr Sein erklären. Das soll wenigstens an ihrem 18. Geburtstag anders sein: Hazal will mit ihren Freundinnen Elma und Gül im Club feiern gehen. Doch dann verwehrt der Türsteher ihnen den Eintritt. Als die drei Frauen im U-Bahnhof dann auch noch von einem Studenten belästigt werden, eskaliert die Situation. Es kommt zu einer Tat mit tödlichem Ausgang. Noch mitten in der Nacht entscheidet Hazal zu fliehen, ihr Ziel ist Istanbul. In einem Land, das sie nicht kennt und in einer Gesellschaft, die ihr schon wieder eine Rolle zuschreibt, kämpft sie ums Überleben und ihre innere Freiheit.
ELLBOGEN ist der erste Langspielfilm der Regisseurin Aslı Özarslan und die Adaption des gleichnamigen Romans von Fatma Aydemir. Gedreht mit Laiendarsteller*innen und durchweg aus der Perspektive der Protagonistin erzählt, nimmt der Film die Zuschauer*innen mit in Hazals Leben. Handkameraaufnahmen übertragen ihre Rastlosigkeit und wachsende Wut, Großaufnahmen lassen hinter die Fassade der ambivalenten Figur blicken. Zwischen Trotz und Aggressivität, jugendlicher Naivität und pointierter Klugheit kommen dabei ihre Zerrissenheit und Stärke ans Licht. Indem sich Hazal keinem Rollenbild zuordnen lässt und sich selbstbewusst jeglicher Täter-Opfer-Dichotomie entzieht, demaskiert der Film die Gesellschaft, die sich am Ende die Frage nach Schuld und Verantwortung der Geschehnisse selbst stellen muss.