Den Horizont beobachten und warten: Daraus besteht ein großer Teil des Alltags auf dem Seenotrettungsschiff Ocean Viking. Als ein in Not geratenes Schlauchboot entdeckt wird, beginnt eine konzentrierte, eingeübte Choreografie: Die mehr als 50 Menschen werden auf dem Schiff in Sicherheit gebracht, gezählt und registriert. Die Schlafsäle füllen sich, es wird Essen und Trinken verteilt. Und an Deck entwickeln sich Gespräche zwischen Crew und Geretteten – auch über die unvorstellbare Gewalt, die viele auf dem Weg nach Europa erfahren haben. Die Ocean Viking steuert auf den Hafen von Salerno zu.

Der Dokumentarfilmer Jean-Baptiste Bonnet hat sechs Wochen lang die Seenotrettungs-Crew der Hilfsorganisation SOS Méditerrané an Deck begleitet. Im Zentrum seines Films steht eine einzelne Rettungsaktion, die unkommentiert und sachlich gefilmt wird. Die Crew-Mitglieder werden dabei nicht als Held*innen inszeniert und das Geschehen nie zum Aufbau von Spannung instrumentalisiert. Die emotionale Wirkung entsteht gerade aus dem Gefühl, dass diese Ausnahmesituation für die Crew zur Routine gehört. Trotzdem zieht einen der Film in den Bann, auch durch die markanten, flächigen Bilder, die das Blau des Mittelmeers mit dem leuchtenden Rot des Schiffs kontrastieren. Das Meer wird als Zwischen- oder Warteraum inszeniert, auf dem begrenzten Raum des Schiffs bildet sich eine vorübergehende Gemeinschaft. Menschlichkeit zu bewahren, dort wo sie routiniert verletzt und abgesprochen wird, tritt als wichtiges Ziel hervor: Neben Lebensmitteln werden den Passagieren Bücher und Spiele angeboten, sie erhalten eine Rechtsberatung, es wird einander zugehört und auf Augenhöhe begegnet. Während zivile Seenotrettung und die humanitäre Katastrophe im Mittelmeer oft abstrakt diskutiert oder schlichtweg ignoriert werden, schaut SAVE OUR SOULS ganz genau hin.

Originalfassung auf Englisch, Arabisch und mit deutschen Untertiteln.