Jonathan Glazer zeichnet ein beklemmendes Porträt der Familie des Lagerkommandanten des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz, Rudolf Höß. Im Fokus stehen er, seine Frau Hedwig, ihre fünf Kinder und der familiäre Alltag in ihrer Privatvilla. Nur eine hohe Mauer trennt ihr großzügiges Haus mit Garten vom Vernichtungslager. Wie mit einer Überwachungskamera aufgenommen zeigt Glazer banale Szenen des Alltags und bleibt immer diesseits der Lagermauer, nimmt vorrangig die Täter*innen und Zuschauenden in den Blick. Für das Filmpublikum schleicht sich das Grauen jenseits der Mauer zunehmend ein: Auch sie blicken nie in das Lager, hören es aber. Schreie, Schüsse, Musik oder das Wummern des Krematoriums: Auf der auditiven Ebene unterbricht das unsichtbare Auschwitz kontinuierlich die bürgerliche Idylle und kontrastiert sie einschneidend und unheimlich.
Regisseur Jonathan Glazer will mit dem Film den Fokus auf Täter*innen, vor allem aber auch auf die Peripherie des Lagers legen. Dabei verzichtet der Film auf Psychologisierungen und stellt Familie Höß in größtmöglicher Banalität und Belanglosigkeit dar. Auch die Kamera bleibt distanziert zu den Protagonist*innen: In das rekonstruierte Haus der Familie Höß am Originalschauplatz wurden zahlreiche Kameras eingebaut, sodass die Schauspieler*innen in Abwesenheit der Filmcrew spielten, teilweise überlappend in mehreren Räumen gleichzeitig. Dadurch entsteht der vom Regisseur so benannte „Big Brother-Effekt“. „Es gibt zwei Filme: einen, den man hört und einen, den man sieht“, betont Jonathan Glazer außerdem die Wichtigkeit der auditiven Ebene. Auch wenn der Film keine Biografie oder historische Abhandlung sein will, beruhen der Großteil der Handlungen und Personen auf historischen Tatsachen und Zeitzeug*innenberichten. Deshalb lässt sich ausgehend von THE ZONE OF INTEREST über die Realität des Holocaust und Nationalsozialismus sprechen. Die herausstechenden stilistischen Mittel des Films wie das Sounddesign und ungewöhnliche visuelle Effekte bieten Anlass, symbolische Ebenen der Filmgestaltung zu erschließen und über die Darstellung des „Undarstellbaren“ und „Unvorstellbaren“ zu sprechen.
- Empfohlen ab Klasse 10
- Spielfilm
- Großbritannien/USA/Polen 2023
- Jonathan Glazer
- 105 Minuten
- Empfohlen ab Klasse 10
- Spielfilm
- Großbritannien/USA/Polen 2023
- Jonathan Glazer
- 105 Minuten